Verbesserte Performance von Batterien durch optimierte Interkalation, erhöhte Lithium-Mobilität und reduziertes Plating

Batterien

Soll die Ladegeschwindigkeit von Batterien verbessert werden, lohnt sich der Blick auf die Mobilität und die Einlagerungsprozesse von Lithium-Ionen innerhalb der Batteriekomponenten. Denn die Art und Weise, wie sich die Ionen in den Materialien bewegen können (Lithiummobilität) und in die Elektroden eingelagert werden (Interkalation), ist der Dreh- und Angelpunkt der Optimierung.

Das Funktionsprinzip von Lithium-Ionen-Batterien (LIB) basiert auf dem reversiblen "Shuttling" von Lithium-Ionen zwischen den Elektroden. Diese bestehen aus Materialien, in deren Kristallgitter Lithium leicht eingebracht werden kann. Um einen schnellen Ladevorgang der Batteriezelle zu erreichen, sollten die Lithiumeinlagerungsraten und die Mobilität in den Elektrodenmaterialien sowie im Elektrolyt hoch sein. Die Optimierung der Lithium-Mobilität spielt daher eine entscheidende Rolle für die Performance der Batteriezelle.

Das Quantistry Lab ermöglicht Simulationen von Elektrodenmaterialien, Additiven und Elektrolyten, die Einblicke in Prozesse auf atomarer Ebene geben, u.a. in die Migration von Lithium-Ionen zwischen und innerhalb von Elektrodenmaterialien.

Dadurch können verschiedene F&E-Fragen angegangen werden:

  1. Welche Oberflächenbeschaffenheiten von Elektrodenmaterialien können das Einbringen von Lithium-Ionen erleichtern?

  2. Gibt es optimale Diffusionswege für Lithium innerhalb eines Elektrodenmaterials und wie können diese verbessert werden?

  3. Besteht das Risiko von so genanntem Plating, also der Ablagerung von metallischem Lithium auf einer Elektrodenoberfläche?

Ausgangslage

Wie kann die Einlagerung von Lithium in eine Elektrode verbessert und die Lithium-Mobilität erhöht werden? Um diese Fragen zu beantworten, wurden mit Hilfe quantenchemischer Simulationen verschiedene Migrationsmechanismen untersucht. Auf atomarer Ebene müssen Lithium-Ionen bei ihrer Migration von einem Ort zum anderen Energiebarrieren überwinden – je niedriger diese Barrieren sind, desto höher ist die Migrationsrate der Lithium-Ionen. Die Einlagerung (Interkalation) von Lithium sollte außerdem schnell und einfach erfolgen, um das Risiko zu verringern, dass sich stattdessen metallisches Lithium auf der Elektrodenoberfläche ablagert - eine unerwünschte Nebenreaktion, die als Plating bekannt ist. Quantenchemische Simulationen ermöglichen es uns, verschiedene Wechselwirkungsszenarien von Lithium mit Elektrodenoberflächen zu vergleichen. So lässt sich feststellen, ob bei einem bestimmten Halbzellenpotenzial die Interkalation oder Plating bevorzugt wird. Der Schwerpunkt unserer Simulationen liegt auf der Ermittlung optimaler Elektrodenmaterialien, die die Interkalation von Lithium in die Oberfläche begünstigen und das Plating-Risiko verringern.

Simulationsansatz

In diesem Use-Case haben wir zwei Elektrodenmaterialien für LIBs als Beispiele gewählt – eine Graphitanode und eine Kathode aus Lithium-Mangan-Phosphat (LiMnPO4). Graphit besteht aus ebenen Graphen-Schichten, die übereinandergestapelt sind. Zwischen diesen Schichten wird das Lithium beim Laden der Batteriezelle eingefügt bzw. "interkaliert". Bei den Kathodenmaterialien handelt es sich in der Regel um Übergangsmetallverbindungen, in die ebenfalls Lithium (bei der Entladung) eingelagert werden kann, wie bei dem hier gewählten Lithium-Mangan-Phosphat.

Zunächst wurde die Interkalation von Lithium-Ionen in verschiedene Oberflächen, die auf Graphitpartikeln vorkommen, simuliert, nämlich "Basal"-Ebenen und "Edge"-Ebenen (siehe Abb. 1). Die Barrieren für beide Szenarien wurden bestimmt und verglichen.

Abb. 1: Schema zur Veranschaulichung von Kanten- und Basalebenen auf Graphit.
Quantistry Lab 2022

Anschließend wurde mithilfe des Quantistry Lab die Wechselwirkung von Lithium mit Graphitoberflächen simuliert, wobei der Schwerpunkt auf der Bestimmung der Bedingungen lag, unter denen die Lithiumeinlagerung gegenüber der Lithiumabscheidung bevorzugt wird.

Und schließlich wurde die Lithium-Ionenmobilität in einem LixMnPO4 Kathodenmaterial untersucht. Dabei wurden zwei Migrationspfade entlang verschiedener kristallographischer Richtungen im Kathodenmaterial betrachtet, d.h. quer und entlang von Kanälen in der Kristallstruktur (a- bzw. b-Richtung, siehe Abb. 2), und die jeweiligen Migrationsbarrieren bestimmt.

Abb. 2: Lithium-Mangan-Phosphat-Kristallstruktur mit Kanälen für die Li-Migration entlang der b-Achse, dargestellt durch die gestrichelten Boxen.
Quantistry Lab 2022

Kernergebnisse

Interkalation von Lithium in Graphit

Abbildung 3 zeigt die simulierte Migration von Lithium (in lila) in die Edge-Ebene einer Graphitelektrodenoberfläche (in grau). Anhand des Energieprofils ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass Lithium ungehindert in diese eingebracht werden kann, d.h. es gibt keine Energiebarriere für die Interkalation.

Abb. 3: Lithium Interkalation über die Edge-Oberfläche
Quantistry Lab 2022

Im Gegensatz dazu weist die Interkalation von Lithium über eine Basal-Ebene eine hohe Energiebarriere auf, wie in Abb. 4 zu erkennen ist (siehe Energieprofil entlang des Migrationspfads). Dies deutet darauf hin, dass es im Wesentlichen keine Interkalation von Lithium über die Basal-Ebenen gibt, zumindest wenn keine Defekte vorhanden sind; die Interkalation über eine Edge-Oberfläche ist daher eindeutig bevorzugt.

Abb. 4: Lithium Interkalation über die Basal-Oberfläche
Quantistry Lab 2022

Auf diese Weise können mit Hilfe des Quantistry Labs schnell und einfach verschiedene Interkalationspfade verglichen werden – sei es im Vergleich verschiedener Oberflächen oder verschiedener Bulk-Elektrodenmaterialien – und der optimale Pfad identifiziert werden.

Der Fokus im vorliegenden Use-Case lag auf einem einzelnen Aspekt des komplexen Prozesses der Lithium-Interkalation – dem Vergleich zweier Oberflächen, die auf Graphitpartikeln auftreten. Solche Simulationen können zur Optimierung eines Elektrodenmaterials verwendet werden, indem sie beispielsweise zeigen, dass sich eine Erhöhung des Anteils von Edge-Ebenen auf der Partikeloberfläche positiv auf die Lithium-Interkalationsrate auswirkt. Bei der Suche nach effizienten Elektrodenmaterialien ist es auch von Interesse, ob sich Lithium nur in einer Richtung oder, wie bei Graphit, in zwei räumlichen Dimensionen frei bewegen kann (siehe die Ergebnisse der Edge-Ebenen), wobei letzteres vorzuziehen ist.

Lithium-Plating auf Graphit

Um Li-Plating zu untersuchen, wurden verschiedene Wechselwirkungsszenarien von Lithium mit Graphit in Abhängigkeit vom Halbzellenpotential verglichen, d. h. die Interkalation und die Abscheidung von metallischem Lithium. Abbildung 5 fasst die wichtigsten Ergebnisse dieser Simulationen zusammen und zeigt die Oberflächenstabilität als Funktion des Potentials für verschiedene Graphitstrukturen (lithiumbeschichtet und lithiuminterkaliert mit steigendem Lithiumgehalt von 25%, 50% und 100%). Es ist zu erkennen, dass das Risiko von Li-Plating bei niedrigen Potentialen (-1 V vs. Li/Li+) zunimmt, während eine vollständig geladene Graphitstruktur (100%) bei höheren Spannungen bevorzugt wird.

Abb. 5: Lithium-Plating
Quantistry 2022

Lithium-Migration in Lithium-Mangan-Phosphat

Die Lithium-Ionen-Mobilität innerhalb des Kathodenmaterials spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für die Lade- und Entladerate einer Batteriezelle. Die Abbildungen 6 und 7 aus dem Quantistry Lab vergleichen die Migration eines Lithium-Ions (in grün hervorgehoben) in LixMnPO4 entlang zweier Richtungen, nämlich quer und entlang der Kanäle (a- bzw. b-Achse). In der Ergebnisansicht auf der rechten Seite kann man sehen, dass die Migration entlang der b-Achse (d. h. entlang des Kanals) gegenüber der a-Achse klar bevorzugt wird: die Energiebarriere für den ersten Pfad ist in etwa viermal kleiner (0,5 eV gegenüber 2,4 eV).

Abb. 6: Lithium-Migration in LiMnPO4 - a Achse

Quantistry Lab 2022

Abb. 7: Lithium-Migration in LiMnPO4 - Achse b

Quantistry Lab 2022

Neben der Identifizierung bevorzugter Migrationspfade können die Simulationen auch genutzt werden, um Möglichkeiten zur weiteren Verringerung der Migrationsbarrieren zu untersuchen (z. B. durch den Austausch bestimmter Elemente) und damit die Mobilität der Lithium-Ionen zu optimieren. Darüber hinaus lohnt es sich, die Dimensionalität der Lithiumdiffusion zu betrachten: Ein Material, das einen zwei- oder sogar dreidimensionalen Migrationsmechanismus ermöglicht, könnte Vorteile gegenüber LiMnPO4 haben, das eine niedrige Barriere und folglich eine hohe Lithium-Mobilität in nur einer Richtung aufweist.

Zusammenfassung

Die Optimierung der Migration von Lithium-Ionen zwischen und innerhalb von Elektrodenmaterialien ist ein wesentlicher Aspekt, der dazu beiträgt, schnelle (Ent-)Laderaten zu erreichen. Eine Verringerung der Migrationsbarrieren durch ein intelligentes Materialdesign – wofür atomistische Simulationen bestens geeignet sind – kann daher eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Gesamtraten für LIBs spielen.

Ein großer Vorteil von diesem Simulationsansatz ist, dass er leicht auf andere Elektrodenmaterialien oder sogar Festkörperelektrolyte übertragen werden kann. Der Workflow-Designer im Quantistry Lab kann daher genutzt werden, um neue Batteriematerialien zu untersuchen, die Auswirkungen von Dotierungen, Defekten, Oberflächenmodifikationen und anderem mehr auf die Lithium-Mobilität bzw. die Interkalationsbarrieren zu untersuchen.

Haben Sie Fragen zu diesem Use-Case? Bitte kontaktieren Sie uns über [email protected] oder +49 30 62 93 30 02.